Betreuungsgeld

OK! Es ist beschlossen. Ein Bauernopfer, damit die jetzige Regierung noch ein paar Wahlgeschenke verteilen kann. Muss uns das gefallen? Nein. Ich gehe da mit Per Steinbrück konform, der das Betreuungsgeld heute im Bundestag als „Schwachsinn“ bezeichnete. Richtig so!

 Warum denke ich das? Erkläre ich gerne:

Was ist das Betreuungsgeld?

Das Betreuunggeld wurde schon als Herdprämie bezeichnet. Gar nicht so falsch, wenn ihr mich fragt. Das Betreuungsgeld wird gezahlt, wenn man sein Kind unter drei Jahren nicht in die Krippe gibt, sondern zu Hause betreut. Was natürlich bedeutet, dass man nicht arbeiten gehen kann. Was, Emanzipation hin oder her, hauptsächlich die weibliche Bevölkerung treffen wird.

Warum rege ich mich auf? Ist doch nett, wenn die Damen zu Hause ihre harte Arbeit als Mama anerkannt bekommen…

Eigentlich schon. Aaaaaber:

  1. Viele Frauen können es sich nicht leisten, zu Hause zu bleiben, um ihr Kind/ihre Kinder zu erziehen. 150€/Monat helfen da auch nicht viel. Eltern im Arbeitslosengeld II-Bezug gehen entweder leer aus oder das Betreuungsgeld wird auf Ihre Leistungen angerechnet. Das ist noch nicht so ganz raus. Also ist das Betreuungsgeld nur für diejenigen, die es sich sowieso leisten können, daheim zu bleiben.
  2. Ab 01.08.2012 besteht der gesetzliche Anspruch auf einen Krippen- bzw. Kinderbetreuungsplatz. Dies wurde von der Bundesregierung beschlossen und die Gemeinden müssen zusehen, wie sie das finanzieren. Mit dem Ergebnis, dass bei weitem nicht genug Krippenplätze zur Verfügung stehen.In meinem Landkreis wurde laut einem Zeitungsartikel rumgerechnet, dass ja eh nur 1/3 der Kinder einen Krippenplatz bräuchten. Die Eltern wurden nicht gefragt. Oooookeeeey. Den Gemeinden kommt es natürlich entgegen, wenn die Mamis (oder Papis in Ausnahmefällen) zu Hause bleiben und die 150 € kassieren. Es ist nämlich wesentlich teurer, für mehr Betreuungsplätze zu sorgen.
  3. Aus der Sicht einer Arbeitsvermittlerin: Je länger man aus seinem Job rausbleibt, desto schlechter werden die Chancen, wieder rein zu kommen. Und wieviele Arbeitgeber freuen sich, dass die Angestellten eher länger in Elternzeit bleiben? Eben. Sollte jemand zuvor ohne Beschäftigung gewesen sein, wird es noch schlimmer mit dem Wiedereinstieg. Und machen wir uns nichts vor. Sobald man erwähnt, dass man ein (oder Gott bewahre mehrere) Kind(er) hat, verschlechtern sich die Chancen gleich ungemein. Da hilft auch das AGG (Allgemeines Gleichbehandlungsgesetz) nix!
  4. In der Zeit der Kindesbetreuung werden nur sogenannte Meldeausfallzeiten der Rentenversicherung gemeldet. Das ist mehr oder weniger nur ein Punkte-System, um seine bestehenden Ansprüche zu halten. (Es ist wesentlich komplizierter, aber manchmal habe ich den Eindruck, das versteht nicht mal die Rentenversicherung selber…) Eingezahlt wird nichts.Jedes Jahr, dass man also wegen der Kindesbetreuung zu Hause bleibt, reduziert den Rentenanspruch, den man später mal hat (oder eben nicht). Und mal ehrlich, DER ist schon klein genug! Ich werde laut Statistiken als gehobene Mittelschicht bezeichnet und mein Rentenbescheid (kriegt man ja alle paar Jahre mal) platziert mich später knapp über dem Sozialhilfeniveau. Ich kann eigentlich schon mal einen Antrag für Wohngeld besorgen. Wie geht es dann der restlichen Mittelschicht oder allen darunter, die sich auch den Hintern wundschuften?
  5. Das Betreuungsgeld soll kurz vor der Bundestagswahl 2013 starten. Wenn das mal kein Zufall ist…

  6. Aus der Sicht einer Arbeitsvermittlerin: Eines der größten Vermittlungshemmnisse (also Steine, die einem im Weg liegen auf dem Weg in die Arbeit) in der heutigen Zeit und vor allem auf dem platten Land, wo ich arbeite, ist die fehlende Kindesbetreuung!Es gibt jetzt schon unzählige Mütter (in Einzelfällen auch Väter), die unbedingt arbeiten wollen, aber nicht wissen, wohin mit dem Kind. Und wenn man einen der heißbegehrten Plätze ergattert, ist es zumeist ein Halbtagsplatz, vormittags 8-12 Uhr. Und man muss seine Sprösslinge ja auch noch abholen, also Fahrtzeiten einrechnen. Ich selber z.B.  fahre eine gute halbe Stunde zur Arbeit. Welcher Arbeitgeber macht denn solche Zeiten mit (in meinem Beispiel noch 3 Stunden Arbeitszeit)? Und Ganztagsbetreuung heißt in den meisten Fällen max. bis 16 Uhr oder 16:30 Uhr. Vollzeit sieht in der Arbeitswelt auch anders aus.

    Und was das kostet! Ich selber habe noch keine Kinder, aber eine Kollegin von mir zahlt 200€ pro Monat für den Kindergartenplatz ihres Sohnes! Weil sie nur einen Platz in der Nachbargemeinde ergattert hat, muss sie auch noch draufzahlen…

  7. Aus der Sicht einer dreißigjährigen, verheirateten Frau, deren biologische Uhr zwar noch nicht ohrenbetäubend, aber doch wahrnehmbar tickt: Ich habe keine Kinder, weil ich nicht weiß, wie ich sie mit meinem Job und dem Job meines Mannes abstimmen kann.Mein Mann arbeitet Schichtdienst und auch er fährt eine halbe Stunde zur Arbeit. Mit den zusätzlichen Betreuungskosten, Kosten für all die teuren Sachen, die ein Kind so braucht und dem Wohnraum, den man mit Kindern braucht, brauchen wir auch beide Jobs. Evtl. geht es, wenn einer nur Teilzeit arbeitet. Da ich die meisten Aufstiegschancen habe, würde ich ungern in Teilzeit arbeiten. Dann war’s das nämlich mit Aufstieg und mehr Geld! Aber wie soll mein Mann Schichtdienst und Teilzeit kombinieren? Kindergärten und-krippen machen keine Schichten. Zumindest nicht außerhalb von Großstädten. Und selbst da ist weiterführende Kindesbetreuung so eine Sache.

    Meine Eltern arbeiten zwar nicht mehr, wohnen aber eine Stunde weit weg. WIr könnten aber bei Ihnen wohnen. Doch umziehen können nicht, weil mein Mann sonst den dreifachen Arbeitsweg (Anderthalb Stunden) hätte und meine Schwiegermama in der entgegengesetzten Richtung sonst ganz alleine wäre. Meine Eltern können nicht umziehen, weil sie bereits auf meinen Neffen aufpassen und sonst hat der keine Betreuung. Außerdem haben sie ein eigenes Haus und meine Oma zu pflegen und ihren ganzen Bekanntenkreis dort. Wäre sowie so nicht fair.

    Meine Schwiegermutter wohnt auch eine halbe Stunde entfernt und arbeitet noch 80% der Zeit. Damit fällt diese Option auch weg.

    Mein Schwiegervater wohnt mit seiner Frau drei Stunden entfernt, ist selbstständig, nicht mehr der Jüngste und ich würde ihm nicht mal mein Zwergkaninchen anvertrauen, selbst wenn er neben uns wohnen würde.

    Es gibt einen Kindergarten im Ort. Habtags. 8-12 Uhr. Krippe? Fehlanzeige. Da müssten wir in eine dritte Richtung 15 Minuten mindestens fahren. Ergo: Keine Kinder.

Fazit: NEHMT DIE MILLIONEN UND BAUT DIE KINDESBETREUUNG AUS!!!!! Das ist viel wichtiger, als denen, die es nicht brauchen, Geldgeschenke zu machen, um wiedergewählt zu werden. Das würde auch die Kassen der Jobcenter entlasten und der Altersarmut vorbeugen (mehr Kinder = mehr Beitragszahler in die Sozialversicherungen und Rentenkassen, mehr Beitragsmonate = weniger Altersarmut, da mehr Rente für den Einzelnen) und vor allem Existenzängste der Bevölkerung mindern!

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